Neue Arbeitszeiterfassung zeigt Wirkung

Die seit Anfang 2016 geltenden Erleichterungen bei der Arbeitszeiterfassung bringen einen ersten Entbürokratisierungsschub. Die Bankbranche zeigt, wie die neuen Vorschriften einfach und pragmatisch umgesetzt werden können.

Eine repräsentative Umfrage der Personalverantwortlichen der Banken in der Schweiz im Rahmen des Arbeitgeber Banken Monitor 2015 hat gezeigt: Neben Fachkräftemangel, Kostendruck und wachsender Spezialisierung nennen die Banken als grösste Herausforderung in ihrer Rolle als Arbeitgeber die zunehmende Regulierungsdichte. Die laufend steigende Zahl von Vorschriften und die damit einhergehende Planungsunsicherheit belasten den Schweizer Banken- und Finanzplatz, wobei insbesondere die Angst vor Verschärfungen bei der Arbeitszeiterfassung genannt wurden (S. 43).

Im Januar 2016 veröffentlichte Professor Michael Beckmann von der Universität Basel wissenschaftliche Studien zur Vertrauensarbeitszeit auf dem renommierten «IZA World of Labor»-Netzwerk, einer weltweiten Wissenschaftsplattform für Arbeitsökonomie. Er und sein Team wiesen erstmals nach: Eine hohe Arbeitszeitautonomie verbessert sowohl die persönliche Leistung von Angestellten wie auch die unternehmerische Performance – gleichzeitig lassen sich grundsätzlich keine negativen Auswirkungen hinsichtlich Überlastung und Erschöpfung feststellen. Damit wird die zentrale These für die Notwendigkeit der Zeiterfassung in Frage gestellt: Ein kausaler Zusammenhang zwischen dem Verzicht auf die Arbeitszeiterfassung und gesundheitlichen Belastungen lässt sich nicht herstellen.

Vertrauen löst die Stechuhr ab

Diese Erkenntnisse decken sich auch mit den Erfahrungen der Mitgliedfirmen von Arbeitgeber Banken: Die Stechuhr passt nicht in die moderne Arbeitswelt und fördert weder Motivation noch Eigeninitiative. Längst hat in weiten Teilen der Wirtschaft deshalb eine vom Vertrauen geprägte Arbeitskultur das «Stempeln» abgelöst und das unternehmerische Denken und eigenverantwortliche Handeln der Mitarbeitenden gestärkt. Ungeachtet dessen sieht das schweizerische Arbeitsrecht nach wie vor eine sehr strenge Pflicht zur minutengenauen Erfassung der Arbeitszeit vor – und dies nicht erst seit Beginn dieses Jahres, wie mancherorts fälschlicherweise zu lesen war.

Neu ist, dass der Bundesrat per 1. Januar 2016 eine Verordnung zur Arbeitszeiterfassung in Kraft gesetzt, welche verschiedene Erleichterungen für Unternehmen vorsieht. Konkret besteht für die einem Gesamtarbeitsvertrag (GAV) unterstellten Betrieben die Möglichkeit des Verzichts auf die Zeiterfassung für Angestellte mit hoher Zeitautonomie (min. 50%) und einem Jahreseinkommen von mehr als 120‘000 Franken pro Jahr. Zugleich können Mitarbeitende, die ihre Arbeitszeiten zu einem namhaften Teil selber festsetzen (mind. 25% frei bestimmbar), diese neu vereinfacht erfassen, z.B. also das Tagestotal. Hierfür ist kein GAV erforderlich, jedoch eine Vereinbarung zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretung (bei weniger als 50 Mitarbeitenden reichen auch individuelle Vereinbarungen).

Lösung für Bank- und Finanzunternehmen

Die Sozialpartner der Bankbranche haben die bundesrätliche Lösung grundsätzlich begrüsst und bereits im vergangenen Juni darauf basierend eine eigene Vereinbarung über die Arbeitszeiterfassung (VAZ) geschlossen. Die VAZ ist – als Anhang des Gesamtarbeitsvertrags der Bank- und Finanzbrache, der VAB (Vereinbarung über die Arbeitsbedingungen der Bankangestellten) – ebenfalls Anfang 2016 in Kraft getreten. Neben der Verzichtsmöglichkeit auf die Arbeitszeiterfassung für Angestellte mit einem Jahreseinkommen ab 120'000 Franken (exkl. variable Lohnbestandteile) und mit grosser Zeitautonomie regelt die Vereinbarung auch die erleichterte Arbeitszeiterfassung für weitere Angestellte, die ihre Arbeitszeiten in einem beschränkten Umfang ebenfalls selber festsetzen können.

Die VAZ enthält zudem verschiedene – von den neuen Verordnungsbestimmungen vorgeschriebene – Informations- und Präventionsmassnahmen zum Gesundheitsschutz, die sowohl Angestellte wie auch Vorgesetzte betreffen. Dazu gehören ein Faktenblatt, das an die Mitarbeitenden abgegeben wird sowie eine Website mit Informationen zum Gesundheitsschutz (ab Frühling 2016) sowie ein anonymisierter Fragebogen zu psychosozialen Stressfaktoren. Die Arbeiten dazu laufen unter Einbezug eines unabhängigen Gesundheitsexperten sowie der verschiedenen Banken. Eine paritätische Kommission, welche sich bereits konstituiert hat, überwacht die Massnahmen zum Gesundheitsschutz sowie die weitere Umsetzung der Vereinbarung.

Vereinbarung auch ohne «kompletten» GAV

Mit der VAZ zeigen die Sozialpartner der Bankbranche: Eine von Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite getragene, pragmatische und den Eigenheiten der Branche entsprechende Lösung zur zeitgemässen Arbeitszeiterfassung ist möglich. Die VAZ gilt für VAB-unterstellte Bank- und Finanzdienstleistungsunternehmen automatisch. Firmen können die VAZ aber auch ohne eine Unterstellung unter die VAB für sich geltend machen, wobei eine Mitgliedschaft bei Arbeitgeber Banken erforderlich bleibt.

Die vom Bundesrat per 2016 erlassenen Massnahmen zur Arbeitszeiterfassung sind weit davon entfernt, den entscheidenden Schub zur Entbürokratisierung im Arbeitsrecht zu leisten, den die Wirtschaft erwartet. Arbeitgeber Banken sieht die Verordnungsrevision denn auch als ersten Schritt, der für viele Branchen und Betriebe eine pragmatische und rasch umsetzbare Zwischenlösung bringt. In einem zweiten Schritt begrüsst Arbeitgeber Banken Vorstösse auf Gesetzesebene, die auf eine Modernisierung und Vereinfachung des Arbeitsgesetzes abzielen.

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