In der Rubrik «Hätten Sie es gewusst?» bespricht Geschäftsführer und Arbeitsrechtsspezialist Dr. Balz Stückelberger Fälle aus der Arbeitsrechtsberatung von Arbeitgeber Banken. Die Antworten sind kurz und allgemein gehalten und ersetzen nicht eine vertiefte arbeitsrechtliche Prüfung im Einzelfall.
Der Fall: Ein IT-Spezialist arbeitet seit Januar 2025 bei einer Bank. Der Einsatz erfolgte zunächst im Rahmen eines befristeten Arbeitsvertrags bis Ende August 2025, da der Mitarbeiter als Unterstützung für eine Systemumstellung benötigt wurde. Kurz vor Projektabschluss wurde eine weitere befristete Anstellung bis Ende 2025 vereinbart, da eine Kollegin aus dem Team ihren Mutterschaftsurlaub bezog. Nun zeichnet sich ein weiterer Engpass ab, weil sich ein Mitarbeiter im Januar 2026 einer komplexen Hüftoperation unterziehen muss und voraussichtlich drei Monate ausfallen wird. Der IT-Mitarbeiter wäre bereit, weitere drei Monate anzuhängen. Die Personalabteilung ist allerdings skeptisch, ob eine abermalige Befristung zulässig ist, weil Kettenverträge in der Schweiz «verboten» seien.
Die Lösung: Mehrere aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge sind im Schweizer Recht grundsätzlich erlaubt. Entscheidend ist, dass jede einzelne Vertragsverlängerung auf einem eigenständigen, nachvollziehbaren und zeitlich begrenzten sachlichen Grund beruht. Es kann sich inhaltlich durchaus um die gleichen Tatbestände handeln, solange sie voneinander unabhängig sind (zum Beispiel mehrere Mutterschaftsvertretungen in Folge).
Im vorliegenden Fall unterscheiden sich die Gründe für die Befristung eindeutig. Zudem liegt weder eine Umgehungsabsicht vor, noch ist der Versuch erkennbar, den Kündigungsschutz zu unterlaufen oder einen dauerhaft bestehenden Personalbedarf zu verschleiern. Damit werden Kettenarbeitsverträge namentlich bei mehr als zwei Aneinanderreihungen problematisch, falls diese nicht auf objektiv nachvollziehbaren Gründen beruhen, sondern in der Absicht geschlossen werden, die arbeitsrechtlichen Schutzbestimmungen zu umgehen oder das Risiko einer schwankenden Auftragslage durch befristete Arbeitsverträge auf den Mitarbeitenden zu verlagern.
Solche Verträge sind aber nicht ungültig, sondern werden im Streitfall von den Gerichten zu unbefristeten Arbeitsverhältnissen umgedeutet. Das bedeutet zunächst, dass das Arbeitsverhältnis nicht mehr durch Fristablauf endet, sondern nur noch ordentlich gekündigt werden kann. Zudem gelten die Kündigungsschutzbestimmungen, und alle dienstaltersabhängigen Rechtsfolgen werden auf den Beginn des ersten Arbeitsverhältnisses bezogen. Dies ist vor allem für die Lohnfortzahlung bei unverschuldeter Arbeitsunfähigkeit von Bedeutung.
Im konkreten Fall war es sicher richtig, dass die Personalabteilung nachgefragt hat. Die Verkettung erscheint aber unproblematisch. Arbeitgeber Banken empfiehlt bei mehreren befristeten Arbeitsverhältnissen, den Befristungsgrund in den jeweiligen Verträgen ausdrücklich festzuhalten. Damit wird im Streitfall der Nachweis der sachlichen Rechtfertigung erleichtert.
